Wir kommen als Christen nicht ohne Schmerzen durch dieses Leben. Das ist eine harte Wahrheit. Wir werden Verletzungen und Schmerzen aus der Begegnung mit Menschen erleben. Konfliktsituationen, Streitereien und enttäuschte Erwartungen gehören in diese Welt. Lebenssituationen können uns schwer verwirren. Und dann noch das Grübeln darüber. Der Schreiber dieses Psalms lässt uns Anteil nehmen an seiner Traurigkeit, seiner Verwirrung und seinen Schmerzen. Und, er war richtig emotional sauer – auf Menschen, das Leben und auf Gott. Und dann, wie aus dem Nichts, taucht plötzlich dieser Vers mit seinen ungewöhnlichen Aussagen auf. Seine Weisheit ist nicht leicht zu erkennen. Aber wenn es uns gelingt, diesen Vers auf uns anzuwenden, dann kommen wir vielleicht leichter durch diese Art von Tagen. Für mich war dieser Psalm und auch die Zwischenbilanz dieses Verses von Asaph immer eine Art Wellnessoase in schwierigeren Tagen.
1. Schmerzen machen etwas mit uns.
In meinen Jahren in der Gemeinde ist mir an anderen (natürlich auch etwas an mir) immer wieder das Phänomen aufgefallen, dass Menschen, die in seelischen Nöten geraten, nicht mehr klar denken und handeln. Der Vers spiegelt uns, dass wir durch die Verletzungen der Menschen, den negativen Worten und den Konfliktsituationen, einfach nicht in Normalform sind.
Der Schmerz verändert uns. Herz und Niere, unsere Emotionen und Befindlichkeiten sind stark in uns. Und sie steuern dann unseren Verstand. Es gibt nur einen Rat der Schrift: Misstrauen wir uns in diesen Phasen.
Noch ein Phänomen beschreibt Asaph hier: Nicht jedes Leid und auch nicht jeder Glaubenszweifel ist horizonterweiternd und macht uns klug. Die Wahrheit kann eher wie bei dem Psalmisten aussehen. Deshalb dürfen wir uns misstrauen. Sagt uns das nicht auch Jesus? Was siehst du den Splitter beim anderen aber deinen Balken erkennst du nicht (Matth. 7, 3). Denn der Schmerz macht etwas mit dir.
2. Schmerzen machen uns gerne mal zum Narren.
Der Psalm bestätigt es: Wie sehr, eben oft gegen alle Vernunft, bestehen wir dann auf unser Recht? Wie oft treiben wir Dinge in die Eskalation? Wieso lassen wir nur noch den eigenen Blickwinkel zu? Es geht nur noch um 100% oder 0% - kein Abwägen, kein Verständnis der anderen Argumente, keine Weisheit. So manches mal verlieren wir so unseren Glauben, unsere Ideale und auch Freunde wegen Nichtigkeiten. Narren sind das Gegenteil von Weisen.
„Wie ein Tier“ ist in dem Zusammenhang auch eine interessante Beschreibung: Kann es so gemeint sein, dass wir bei Schmerzen in der Gefahr stehen nur instinktiv zu handeln? Kurzschluss – aus dem Bauch heraus – reine Überlebensstrategie? Und ist dieser Instinkt der Menschen eben das Gegenteil von dem „Geist der Besonnenheit“ (2. Tim. 1, 7)?
In unseren Tagen ist das Schreiben von Emails (Kopie an alle) zu einer der größten Narrentätigkeiten geworden. Und immer mit dem Recht der Wahrheit auf der Seite.
Asaph, formuliert dieses Phänomen hier aus der Rückschau sehr deutlich: „Man war ich bescheuert. Ich dachte ich blicke durch, aber mein eigener Schmerz raubte mir den Verstand.“ Deshalb aufgepasst.
3. Auch der Schmerz mit Gott kann uns verwirren.
Wie leicht können unsere Schmerzen im Leben und die Schmerzen aus den Konflikten dann auch zu einem Schmerz werden, den wir mit Gott haben? Hätte Gott nicht alle Möglichkeiten unsere Lage zu verändern? Wollte er uns nicht vor allem bewahren? (Ps. 121) Der Psalm 73 warnt uns: Sei dir bitte in diesen Tagen des Schmerzes nicht so sicher über deine geistlichen Wahrnehmungen und Erkenntnisse. Kalkuliere ein, dass der Schmerz deinen Blick zu und über Gott getrübt haben könnte.
Kann es sein, dass, wenn wir nicht aufpassen, wir uns von Gottes Gegenüber in ein Tier zurückverwandeln? Menschenunwürdig.