Das waren emotionale Stunden, die man zu gerne miterlebt hätte. Die endlich wieder ins gelobte Land Zurückgekehrten feiern nach Jahren der Abstinenz und Trennung einen Gottesdienst – und zwar einen, der es in sich hatte. Sie lesen das Wort Gottes und der Geist Gottes berührt sie so besonders, dass sie über ihre eigene Vergangenheit und Sünde die Fassung verlieren. Tiefe Traurigkeit überfällt die Gemeinde. Und dann treten die Leiter Esra und Nehemia auf und geben dem mitgenommenen Volk diese besondere Ermutigung - Sehr nachahmenswert. Sehr praktisch.
1. Was ist nicht unsere Stärke?
Diese Frage ist vielleicht nicht ganz fair. Aber interessant ist sie doch. Das Volk hatte gerade eine tiefe Begegnung mit dem Wort Gottes und ein gemeinsames geistliches Erlebnis. Sie sind verunsichert und entmutigt. Deshalb darf die Frage erlaubt sein, warum gerade die Freude am Herrn hier erwähnt wird, aus der man neue Kraft schöpfen soll?
Nicht Gottes Gesetz, nicht Gottes Berufung oder sein Auftrag; ja, noch nicht einmal durch lange Gebete soll die Stärke zurückkehren. Alles, wie wir wissen, wichtig und richtig. Hier erwähnt allerdings Gottes Wort, dass unsere Kraft tatsächlich „aus der Freude an ihm“ seine Quelle hat. Darf das unser manchmal negatives Bild vom himmlischen Vater korrigieren?
Bonhoeffer sagte einmal: „Alles was die Schrift über die Freude sagt, lässt sich zusammenfassen in dem Liedanfang: Jesus, meine Freude, meines Herzens Weide, Jesus meine Zier.“ Und verlieren wir diese Freude an Jesus, geht uns alles andere auch verloren und wir verharren in dieser Traurigkeit. Nichts anderes kann diesen Grund zur Freude ersetzen.
2. Therapietipp für Kraftlosgewordene.
Zunächst heißt es hier nicht, dass einfach nur Freude und Spaß, also der reine Genuss am täglichen Leben, unsere Stärke ist. Es ist die Freude über den Herrn, über Jesus - seine Gaben, seinen Charakter, seine Größe und seine Erlösungstat, die uns Stärke zuführt.
Und dennoch dürfen wir den gesamten Vers beachten. Vor dem Augenöffner „die Freude am Herrn ist eure Stärke“, steht ein eigentümlicher Umsetzungsplan: „Esst fette Speise, trinkt süße Getränke“ (Vers 9). Scheinbar steckt in so manchen leiblichen Genuss auch das Potential „der Freude am Herrn“. Zu oft spielen wir Christen diese beiden Dinge gegeneinander aus. Das eine ist heilig, das andere weltlich. Aber Gott gibt uns die „leckeren Speisen und guten Weine“ quasi wie ein Rahmenprogramm, dass würdig ist, die Freude über Gott zu zelebrieren. Suche wir deshalb ruhig, was uns Freude gibt und wir es vor Jesus und mit ihm genießen können. Wir haben einen Gott, der seinen Kindern das Beste gönnt.
Wenn wir Kraft und Stärke in unserem Leben erhalten wollen, dann müssen wir uns über die Freude an Jesus kümmern. Das hat das Potential uns wieder neu auf die Beine zu stellen.
Meine Beobachtung ist die: An unserer Freude über Jesus, können wir am besten unsere geistliche Gesundheit erkennen.
3. „Eure“ = Freude vervielfältigt sich, wenn man sie teilt.
Wir dürfen die Freude mit anderen gemeinsam genießen. Warum? Weil sie sich dadurch vermehrt.
Das Volk bekam nicht nur den Auftrag fröhlich zu essen und zu trinken (und dass sich auch etwas kosten zu lassen), sondern sie sollten von diesen besonders guten Essen und Trinken auch anderen abgeben. Sie sollten andere dazu einladen und es ihnen spendieren. Und da sind wir wieder in der neutestamentlichen Gemeinde. Freut sich einer, so sollen sich alle mitfreuen. Menschen mit weniger finanziellen Mittel dürfen nie von Segen und guten Gaben ausgeklammert werden. Das ist das Vorrecht derer, die von Gott gesegnet sind (1. Kor. 12, 26 + 1. Kor. 11, 22 und 33).