Scheinbar ist das Alter von Timotheus ein Problem, sonst hätte es Paulus nicht erwähnen müssen. War es ein Problem für Timotheus oder ein Problem für die Mitchristen? Oder gar für beide? Wie wahrscheinlich ist es, dass dieser „Mangel“ in dem Herzen von Timotheus Platz genommen hat und in seinem Dienst leise mitschwingt? Und wie wahrscheinlich wäre es in unseren Gemeinden, dass das junge Alter von Timotheus zum Thema gemacht werden würde? Vielleicht nicht in öffentlichen Sitzungen, aber bei den zwanglosen Gesprächen beim Kaffee hintenherum? Heute wollen wir den Fragen aufgrund dieses Verses nachgehen: Wie gehen wir mit unseren „tatsächlichen“ oder auch nur den „empfundenen“ Mangel um?
1. Das Schauen auf den Mangel.
Zunächst lenkt dieser Vers den Blick auf unsere Beobachtungsgabe:
„Findest du nicht auch, dass Timotheus doch eigentlich sehr jung ist für diesen Job?“ Menschen schauen gerne auf den Mangel (oder gibt es für „Mangel“ ein besseres Wort?); obwohl, „Jung sein“ ja nicht ein Mangel ist, wie nicht Laufen können oder ein sündiges Leben führen. Ist es nicht so, dass uns viel zu schnell, fast reflexartig, immer die Differenz zu Optimal auffällt?
„Er ist ja schon hingegeben, aber...“ „Er ist ja begabt, aber...“ „Er macht ja ordentlich Musik, aber nicht so gut wie...“ Und dann sind wir Meister der „Ja-aber-Krankheit“. Irgendetwas ist immer optimierbar; jeden können wir bei genauem hinschauen „für zu leicht befinden“ (Dan. 5, 27). Und wir haben immer gute Gründe wenn wir auf den Mangel des anderen schauen.
Aber nicht nur die Menschen um uns können mehr auf die Differenz zu Optimal schauen. Selbst wir haben diesen Blick bei uns selbst. Wir kennen alle bessere Leiter, bessere Seelsorger, vollmächtigere Beter, virtuosere Musiker, nettere Formulierer. Aber die Botschaft des Verses ist: Niemand verachte dich. Auch du dich nicht. Verachte nicht sondern achte.
2. Das „sondern sei“.
Es wirkt doch so, als ob Paulus Timotheus aufbauen musste. „Sag ja nicht, du bist zu jung“. Denn das folgende Wort ist „sondern“.
Immer wieder malt uns die Bibel ihre Helden doch so: Zu unbegabt. Zu schwach. Das falsche Geschlecht. Zu alt. Zu jung. Zu beschäftigt. Zu minderwertig. Zu sündig. Zu verletzt. Nicht fähig zu harten Entscheidungen. Zu nachdenklich.
Aber erst wenn Gott sagt „gewogen und zu leicht befunden“ (Dan. 5, 25), dann tue Buße und stell deinen Dienst ein. Ansonsten steht Jesu „sondern sei...“ Und diese Beurteilung des Sohnes Gottes ist die wichtigste Meinung über dich und deinen Dienst im Universum.
3. „Jung“, aber nicht „zu jung“ – es steht zu viel auf dem Spiel.
Die Gefahr besteht doch, dass wir, weil unser Umfeld oder gar ich selbst nur auf das „zu Jung“ schauen, aufhören oder gar nicht erst anfangen, uns von Jesus gebrauchen zu lassen. Wenn Timotheus sich von dem „zu jung“ hätte abhalten lassen, was wäre das für eine Tragödie für das Reich Gottes gewesen. Und das ist die gute Botschaft: Gott liebt es Menschen einzubinden, die „zu unperfekt“ sind, die noch nicht fertig sind; wo es diese Differenz gibt. Deshalb wollen wir uns von Jesus herausfordern lassen. Lasst uns sprechen: Ich weiß, dass ich jung bin. Aber nicht „zu“ jung. Lass dich und deine Hingabe nicht von diesen falschen Ratgebern aufhalten. (siehe auch Jeremia in Jer. 1, 6-8)