Der Kampf um die „Stille Zeit“

# 68
„Als das Jesus hörte, entwich er von dort in einem Boot in eine einsame Gegend allein.“Mt. 14, 13 LUT

Der Anlass zu diesem Vers ist traurig und schrecklich zugleich. Jesus erfährt von dem gewaltsamen Tod von seinem Boten und Cousin, Johannes der Täufer. Wie geht Jesus mit dieser Situation um? Er befindet sich gerade in einem Missionseinsatz, inmitten vieler Menschen und die Not und die Wünsche der Leute, ihn zu erleben und von ihm gelehrt zu werden, ist groß. Die Umstände und die (Gemeinde-) Arbeit lassen eigentlich keine Zeit zum Trauern zu. Und wir werden in dieser Szene sehen, selbst Jesus muss mit den Umständen, den Terminen und den Erwartungen um ihn leben und auch der Sohn Gottes muss ihnen Tribut zollen. Es ist die Passage in der Bibel, in der der Kampf um die eigene „Stille Zeit“ bildhaft wird – und das am Beispiel Jesu.

1. Eine Zeit der Andacht und der Ruhe.

Zunächst zu unserem Vers 13: Selbst unser Herr nahm sich nach dem Hören dieser Botschaft sofort eine Auszeit. Und zwar „alleine“. Scheinbar war es nicht nur eine angemessene Reaktion auf diesen Schicksalsschlag in seinem Umfeld, sondern er selbst musste das vor seinem Vater im Himmel bearbeiten, besprechen und beweinen. Auf jeden Fall entschied er sich, nicht einfach weiterzumachen.

Wenn unser Herr das nötig hatte, der aus den unendlichen Kraftquellen leichter schöpfen konnte, als wir das können, dann kann das nur ein heiliger guter Rat an uns sein. Wir dürfen bestimmte Ereignisse, (das kann der Tod eines uns nahestehenden Menschen sein, aber auch Unfälle, eigene Arbeitslosigkeit, Krankheitsnachrichten, eigene Sünde und Versagen, Verrat an uns, erschreckende Erlebnisse, Beziehungstrennungen - die Liste ist so komplex wie unsere Leben es sind) nicht übergehen. Sie müssen uns um unserer Gesundheit Willen in die einsame Begegnung mit unsrem Vater im Himmel führen. Jesus schätzte das Mittel der Einsamkeit trotz seines Fleißes und trotz der Not um ihn.

2. "Stille Zeit" geschieht nicht von selbst.

Diese Einsamkeit, diese Andacht, kommt nicht in unser Leben ohne aktives zutun von uns. Jesus musste sich erst von den Leuten trennen. „Entwich“ ist ein sehr aktives Verb. Anschließend, so sagt Vers 13, nahm er mit seinen Jüngern ein Boot, weil er merkte, dass an dem aktuellen Ort eine Stille nicht zu finden war. Dann fuhr er zu einer einsamen Gegend. Und dann trennte er sich dort noch von seinen Jüngern. Großer Aufwand für ein paar Stunden Besinnung.

Aber damit ist die Story noch nicht zu Ende. Denn jetzt wird Jesu Geschichte unserem Leben so ähnlich. Sein Plan hat nicht wirklich funktioniert. Denn wenn wir weiterlesen, findet er seine Ruhe nur bedingt. Dort wo er ankommt sind wieder Tausende, die ihn suchen. Und so unterbricht er seinen Gang in die Stille und widmet sich den Menschen aktuell noch einmal zu. Aber Jesus hat seinen Plan nur kurz unterbrochen. Und so organisiert er seinen Abend und seine Stille neu (Vers 22).

Das bedeutet auch für unser Leben: Diese Zeiten dürfen uns etwas kosten. Wir müssen sie organisieren. Mit unserer üblichen Einstellung „ich müsste mal“ werden wir niemals an diesen Ort kommen. Es wird nicht von selbst geschehen, kein Wunder wird uns auf einmal in unsere Stille bringen. Sie muss unserem Alltag abgerungen werden – so wie Jesus es uns vormacht.

3. Schau auch mal auf die anderen.

In der Parallelgeschichte bei Markus wird Jesus so noch zitiert: „Geht ihr alleine an einen einsamen Ort und ruht ein wenig“ (Mark. 6, 31). 

Einige seiner Jünger (z.B. Johannes und Jakobus) galten als Weggefährten von Johannes den Täufer. Auch sie nahm die Botschaft ganz bestimmt mit. Hinzu kam noch ein ereignisreicher Missionseinsatz von ihnen. Und so musste Jesus für sie mitentscheiden. Manchmal nehmen sich Menschen um uns nicht diese Zeiten der Besinnung und Ruhe, weil die Umstände und Verpflichtungen sie treiben (manchmal nur vermeintlich treiben). Lasst uns aufeinander achthaben. Trauer und Erfolg müssen bearbeitet werden.