Dieser Vers ist meines Wissens die einzige Stelle in der Bibel, in der ausgesagt wird, dass Gott jemanden „ein anderes Herz gab“. Obwohl uns die Verheißungen Gottes noch im Ohr sind, zum Beispiel aus Hesekiel („ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist geben“ (Hes. 36, 26)) lesen wir nur ein einziges mal in der Schrift, dass Gott es konkret einem Menschen widerfahren lässt: Ausgerechnet bei Saul. Grund genug, diese Besonderheit auf uns wirken zu lassen. Was kann dieser Vers bedeuten?
1. Vom Geringsten zum König.
Einige Verse vor unserem Text lesen wir, wie Saul (richtigerweise) über sich dachte: Er kommt aus dem kleinsten Stamm, aus der geringsten Familie und er ist nur auf der Suche nach entlaufenen Eseln! (Kap. 9, 21) Und diesen Saul lässt Gott dann zum König salben.
Aber diese Szene, die Salbung und die Berufung zum König, das alleine machte aus ihm noch keinen König. Er musste das Herz eines Königs bekommen.
Diese Passage ist voller hoher Theologie und einfacher geistlicher Wahrheit:
Wir brauchen ein neues Herz und einen neuen Geist, weil wir sonst immer der Geringste bleiben: ein Eselshirte. Wenn wir aber von Jesus gesalbt werden, wenn wir „von neuem geboren“ werden (Joh. 3,3), dann sind wir nicht mehr der Geringste, sondern Kind des lebendigen Gottes; wir werden Teil seines Volkes voller Könige und Priester (Off. 1, 6; 1.Petr. 2, 9).
Übertragen heißt das für Dich und mich: Das Geschehen an Saul hat Gott an uns getan. Eine Königskrönung. Nichts Geringeres hat Gott mit dir vor. Egal welche Vergangenheit, welches Geschlecht, welche Erziehung oder Bildung du hast. Und auch egal mit was du gerade beschäftigt bist.
2. Jesu Zuwendung.
Wann geschieht die Herzensverwandlung? Als Saul und Samuel, der große Garant für Gottes Wort und Beistand, sich trennen - als Saul auf sich alleine gestellt war. Darf das als prophetisches Zeichen auch für unsere Herzensänderung sein? Jesus sagte, dass es gut für uns ist, wenn er von uns geht, damit er den Heiligen Geist zu uns senden kann. Und tatsächlich - das passierte an Pfingsten: die Erfüllung mit dem Heiligen Geist, die Verwandlung der einfachen Fischer und Zöllner in Gotteskinder und Apostel Jesu. Es geschah als Jesus von ihnen ging, so wie er es verheißen hatte. (Joh. 16, 7).
Aber das Abwenden Jesu, die Trennung zwischen dem nach seinen Königskindern suchenden Gottessohn und seinen neuen Königskindern (du und ich) ist das Gegenteil von „abrücken“. Er wendet sich als eingeschränkter Mensch ab, damit er als uneingeschränkter Geist Gottes in uns Platz nehmen kann. Paulus jubiliert im Kolosserbrief über genau dieses Bild: „Christus in uns“ (Kol. 1, 27) - noch näher geht nicht.
3. Unsere neue Identität.
Gott macht hier deutlich: Saul brauchte ein anderes Herz, um als König Israels zu leben. So ist es auch uns nicht möglich, Gottes Berufung entsprechend zu leben, ohne dass er uns das „andere Herz“ gibt. Aber wenn er es uns schenkt, dann mögen wir in dem Bewusstsein, dass wir in Christus neu geboren sind und eine neue Identität haben, auch leben. Auch wenn wir wieder in alte Muster fallen (und Saul ist hier ein Topnegativbeispiel) so ist uns das neue Herz gegeben worden. Wir sind nicht mehr heilige Sünder, sondern sündige Heilige.
Und leider hat dieser Vers auch etwas Beängstigendes: Obwohl Gott dem Saul ein anderes Herz gab, hatte Saul die Macht alles zu verspielen und „einem König Gottes unwürdig“ zu leben.