Jesus - der „Herr der Ernte“. Ist das nicht ein ungewöhnlicher Titel, den sich Jesus hier gibt? Er klingt in unseren Ohren zwar vertraut, weil wir diese Verse schon so oft gehört haben. Aber unterschätzen wir nicht die Sprengkraft dieses Titels.
1. Jesus will „wirklich“ ernten.
Jesus bleibt nicht beim Jammern über die Verlorenen oder dem akademischen Fachsimpeln, wie schlecht und finster die Welt geworden ist. Nein, Jesus will die Menschen in ihrer Not „wirklich“ erreichen. Nachdem er die Lage der Verlorenen analysiert hat, kommt er sofort auf den Punkt: „Wir müssen ihnen helfen. Wir müssen säen und ernten“. Und dann kommt seine Strategie.
Was meine ich mit dem „wirklich“? An einem Punkt in meinem Leben entschied ich mich, mehr Sport zu treiben. Als ich das einem Freund erzählte, belächelte er meine Worte: „komm, das sind doch nur Vorsätze. Das machst du doch nicht“. Er hatte Recht. Zu oft bedeuten unsere frommen Worte, Wünsche und Ideen, bedeutet unser „man müsste mal“ überhaupt nichts. Weder in unserem Leben noch in unseren Gemeinden. Deshalb gewöhnte ich mir in ähnlichen Gesprächen und Runden immer folgende Zusatzfrage an: „Willst du es nur oder willst du es wirklich?“ Sind wir Christen zu oft nur Meister der Vorsätze und Worte?
Wenn wir manchmal fragen, was Jesus von mir, aber besonders was Jesus von unseren Gemeinden will, dann ist hier die zentrale Antwort: Er will ernten. Er will es wirklich. Und ernten ist Frucht sehen. Ernten ist sehen, dass seinen Worten auch Taten und Glauben folgen; dass Menschen gerettet werden. Jesus meint es ernst.
2. Nicht wir verantworten die Ernte, sondern Jesus.
Jesus ist der General (Jos. 5, 14), der Befehlshaber, der Initiator und der letzte Verantwortliche für den großen Auftrag, die zerstreuten Schafe ohne Hirten, mit der Botschaft des guten Hirten zu erreichen.
Das darf uns entspannen. Wie oft haben wir eine gewisse fromme Verkrampfung in uns und unseren Gemeinden? So als hätten wir es in der Hand. Aber Jesus trägt die Verantwortung für die Ernte. Er betitelt sich nicht als Herr des Säens (interessant ist, dass in der Erklärung zu dem Gleichnis vom vierfältigen Acker der Säemann nicht gedeutet wird Matth. 13, 19). Nein, wenn es um das Erreichen der Menschen geht, dann ist er der Herr. Er hat die Verantwortung für den Ernteprozess. Er ist der Herr der Ernte – wir sind die Arbeiter in der Ernte und auch die, der Aussaat.
Noch eine kleine Beobachtung dazu: Wenn Jesus der Herr der Ernte ist, dann werden wir alle zunächst nicht zu „Arbeitern“, sondern wir sind zuerst Teil seiner Ernte. Als er dich und mich getrennt von seiner Liebe und Fürsorge sah, da jammerte ihn genau wie in dem Vers. So werden wir zuerst Teil seiner Ernte.
3. Die Jünger sollen um Arbeiter bitten.
Bedeutet das nicht, dass das Erkennen der Not und der Situation Voraussetzung für ein ernsthaftes Jüngergebet sein müsste? Jesus fordert uns also hier primär dazu auf, so über die Verlorenen zu denken und zu empfinden, wie er es tut.
Sind Jesu Gedanken über diese Bitte an den Herrn der Ernte vielleicht so:
- Wir, die Nachfolger Jesu, erkennen die Not wie Jesus sie erkennt.
- Anschließend beten wir.
- Aber danach ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass gerade uns sein Auftrag erreicht. Denn der nächste Vers ist die Aussendung der betenden Jünger.
Das ist Jesu Strategie: Er sendet. Und danach kommt die Kavallerie, bestehend aus uns Christen.